Die Bodenkultur - Journal for Land Management, Food and Environment

Roland Norer:

Bodenschutzrecht im Kontext der europäischen Bodenstrategie

In den vergangenen Jahren ist der Boden immer mehr in den Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit gerückt. Zunehmend wurde und wird ein Bewusstsein dafür aufgebaut, dass der Boden in seinen vielfältigen Funktionen ebenso wie Wasser und Luft eine der fundamentalen Lebensgrundlagen ist. Während die allgemeine, grenzübergreifende Bedeutung von Luft und Wasser auch vom Gesetzgeber erkannt und dem überwiegend durch matrixbezogene Regelungen auf Bundes- und europäischer Ebene entsprochen wurde, gestaltet sich die Situation für den Boden ungleich komplexer. Zunächst kommt dem Boden Eigentumsstatus zu, wodurch alle Regelungen einen unmittelbaren Eingriff in die Eigentumsrechte bedeuten können. Darüber hinaus sind in Österreich auch die Kompetenzen sehr differenziert zu sehen: Der Boden per se ist gemäß BVG in der Kompetenz der Länder, darüber hinaus bestehen aber auch auf Bundesebene Normen mit unmittelbaren Folgewirkungen für den Boden. Es besteht daher heute ein, wie Norer es ausdrückt, „unübersichtlicher und zersplitterter Rechtsbestand mit hoher Differenzierung“. Natürlich gab und gibt es auch auf internationaler und europäischer Ebene Überlegungen, den Bodenschutz zu regeln. Die im Jahr 2002 publizierte europäische Bodenschutzstrategie war und ist der Ausgangspunkt für einen Vorschlag der Europäischen Kommission für eine Bodenrahmenrichtlinie, die nach wie vor sehr kontrovers diskutiert wird. Ausgehend von dieser komplexen und sehr heterogenen Situation hat es sich der Autor zur Aufgabe gemacht, die einzelnen Rechtsmaterien systematisch zu ordnen und in ihrer unmittelbaren Relevanz für Boden und Bodenschutz darzustellen. In einer kurzen Einleitung werden zunächst die wichtigsten Beweggründe für Bodenschutzregelungen zusammengefasst. Es wird grundsätzlich zwischen Regelungen, die – zumeist indirekt – die Bodenqualität und Normen, die unmittelbar den Bodenverbrauch kontrollieren, unterschieden. Ausgehend davon wird der Status quo der politischen Diskussion um bodenrelevante Rechtsmaterien dargestellt. Die Bestandsaufnahme des internationalen und europäische Bodenschutzrechtes zeigt, dass bereits eine Vielzahl von Regelungen mit mittelbarer oder unmittelbarer Relevanz für den Boden existiert. Einzelne Regelungen wie etwa die Alpenkonvention haben zwar weitereichende Konsequenzen für den Bodenschutz, der Grad der Umsetzung ist jedoch in den einzelnen betroffenen Staaten sehr unterschiedlich. Die jeweilige Zielsetzung der einzelnen Normen geht dabei vom Rahmen der Regelungen aus: Die Umweltpolitik regelt Bereich wie Immissionen oder Abfall, die Agrarpolitik nimmt derzeit über die gemeinsame Agrarpolitik (GAP) Einfluss auf den Bodenschutz. Weitere Rahmen bilden auch die Regional-, Verkehrs- und Forschungspolitik. Die Entwicklung der Bodenstrategie auf europäischer Ebene wird dem nationalen Status quo in Österreich gegenübergestellt. Es wird dargestellt, dass etwa im Unterschied zu Deutschland, in dem durch das Bundesbodenschutzgesetz die Aufmerksamkeit auch auf den rechtlichen Bodenschutz gelenkt wurde, in diesem Bereich noch deutliche Defizite bestehen. Allerdings fehlt, wie bereits erwähnt, in Österreich die kompetenzrechtliche Grundlage für eine bundeseinheitliche Regelung. In der Analyse des österreichischen Bodenschutzrechtes werden die Rechtsmaterien zunächst nach Gebietskörperschaften – Bund und Länder – geordnet. Dabei ist auch die unmittelbare Relevanz für den Bodenschutz ein Ordnungskriterium. Allerdings sind nur Normen des qualitativen Bodenschutzes Gegenstand der Erörterung, Raumordnungsgesetze sind ausgenommen. Die einzelnen Gesetzesmaterien sind kurz umrissen und in ihrer Relevanz für den Boden dargestellt. In der Folge sind die gesetzlichen Regelungen themenspezifisch geordnet. Es werden dabei wesentlichen Fragestellungen von tatsächlichen oder potenziellen Bodengefährdungen die jeweils relevanten Rechtsmaterien zugeordnet und die entsprechenden Regelungen übersichtlich dargestellt. Dabei wird teilweise ein prozessorientierte Darstellung verwendet: Wie und Wann Wer Was zu tun hat. Dies trägt sehr zu einem verbesserten Verständnis der ineinander verflochtenen Normen bei. Wie der Autor jedoch selbst bemerkt, erschwert „die föderal ausdifferenzierte Verästelung bodenrelevanter Regelungen“ die Darstellung erheblich und er erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Abschließend äußert sich der Autor zwar skeptisch über die Möglichkeit einer europaweit harmonisierten Rechtssituation, gesteht dem Thema aber auch aus juristischer Sicht ein hohes „Spannungspotenzial“ zu – eine Tatsache, die durch die volltextliche, fast 500 Seiten umfassende Widergabe aller zitierter Rechtsmaterien nur untermauert wird. Der Autor weist zwar mehrmals auf die Schwierigkeit hin, die rechtliche Situation in Bezug auf den Bodenschutz umfassend darzustellen, es ist ihm im vorliegenden Buch jedoch genau dies gelungen: in einer auch für Nicht-Juristen verständlichen Art und Weise werden die bestehenden Rechtsmaterien analysiert. Durch eine Zuordnung sowohl nach Gebietskörperschaften als auch nach Themen gelingt es, sich im „Dschungel“ der Kompetenzen besser orientieren zu können. Das Buch ist für alle an der Thematik Interessierten – von involvierten Behörden über NGO’s bis hin zu Forschern – ein nahezu unverzichtbares Nachschlagewerk, das aber weit mehr als nur lexikalische Qualitäten aufzuweisen vermag. Andreas Baumgarten, Wien