Unkrautvernichtungsmittel schädigt Regenwürmer und führt zu Nährstoffüberfluss Die weltweit am häufigsten verwendete Herbizide mit dem Wirkstoff Glyphosat reduzieren die Aktivität und Reproduktion von Regenwürmern und führen zu erhöhten Nitrat- und Phosphatwerten im Boden. Diese Forschungsergebnisse von WissenschafterInnen der Universität für Bodenkultur Wien (BOKU) wurden jetzt in „Scientific Reports“ veröffentlicht. Eigentlich sind Herbizide mit dem Wirkstoff Glyphosat dazu da, unliebsame Pflanzen zu eliminieren - sie stören Stoffwechselprozesse, die nur in Pflanzen vorkommen und galten lange als unbedenklich für alle nichtpflanzlichen Organismen. In Österreich sind derzeit 36 Produkte mit dem Wirkstoff Glyphosat zugelassen; über 400 Tonnen werden jährlich - z.T. mit Förderungen - im Ackerbau, Weinbau, in Kommunen und privaten Gärten versprüht. Obwohl diese Mittel seit vier Jahrzehnten weltweit verwendet werden, ist über deren Nebenwirkungen auf sog. Nicht-Zielorganismen und Konsequenzen für Nährstoffkreisläufe in Ökosystemen noch immer sehr wenig bekannt. Dramatische Auswirkungen auf Regenwürmer „Im Gegensatz zu anderen Studien, die die Wirkung von Herbiziden auf Nicht-Zielorganismen im Labor in Petrischalen untersucht haben, versuchten wir im Gewächshaus in sog. Mesokosmen die Voraussetzungen im Feld einigermaßen realistisch nachzubilden", erklärt Mailin Gaupp-Berghausen, eine der BOKU-StudienautorInnen. "Das verwendete Unkrautvernichtungsmittel mit dem Hauptwirkstoff Glyphosat hatte in der vorgeschriebenen Dosis die Aktivität von tiefgrabenden Regenwürmern dramatisch reduziert, horizontalbohrende Regenwürmer brachten nur mehr halb so viele Nachkommen zur Welt als unter Nicht-Herbizid Bedingungen.“ Auch Nährstoffkreisläufe sind betroffen Ein weiteres Ergebnis der Studie war, dass nach dem Herbizideinsatz die Menge an pflanzenverfügbaren Nitrat und Phosphat im Boden stark erhöht war. „Wir erklären uns diesen Befund mit dem Wegfall des Pflanzenbewuchses nach der Herbizidbehandlung. Nährstoffe, die normalerweise von Pflanzen aufgenommen werden sind plötzlich ungenutzt im Boden und laufen Gefahr ausgewaschen zu werden“, so Boris Rewald, Privatdozent für Botanik am Institut für Waldökologie der BOKU. Wenn man berücksichtigt, dass mit dem Klimawandel eine Zunahme an Starkregenereignissen zu erwarten ist, würde dies mit einer Kontamination benachbarter Gewässer oder des Grundwassers einhergehen. Derartige Prognosen sollten aber noch durch Experimente unter Feldbedingungen abgesichert werden. Unsicherheit bei KonsumentInnen und LandwirtInnen Mit der Zunahme an Studien, die über negative Effekte von Pestiziden auf Mensch und Umwelt berichten, steigt auch die Skepsis ob der Nutzen im Verhältnis zu den Kosten für Gesundheit und Umwelt steht. Immerhin haben sich in Europa schon zahlreiche Kommunen dazu entschlossen auf Glyphosatanwendungen zu verzichten. Diese kritische Sensibilisierung gegenüber Herbiziden findet man vorwiegend in Mitteleuropa, während in anderen Ländern unterstützt von der Agroindustrie enorme Zuwächse im Einsatz dieser Produkte zu verzeichnen sind. Johann Zaller, Ökologe am Institut für Zoologie und Studienleiter stellt abschließend fest, „Diese gravierenden Auswirkungen haben uns sehr überrascht und man fragt sich, wieso derartige Untersuchungen nicht im Zuge der Registrierung der Pestizide durchgeführt werden müssen. Wir müssen auch immer Bedenken, dass diese Befunde nur für einen Wirkstoff gelten, während im Normalfall Dutzende unterschiedliche Pestizidprodukte (Insektizide, Fungizide etc.) verwendet werden. Über die Nebenwirkung dieser Pestizid-Cocktails ist so gut wir gar nichts bekannt.“ Quelle: Gaupp-Berghausen M., Hofer M., Rewald B., Zaller J.G. (2015) Glyphosate-based herbicides reduce the activity and reproduction of earthworms and lead to increased soil nutrient concentrations. Scientific Reports 5, 12886; doi: 10.1038/srep12886. Der Artikel zum freien Download: www.nature.com/articles/srep12886 Kontakt / Rückfragen: Mailin Gaupp-Berghausen
Institut für Verkehrswesen
Universität für Bodenkultur Wien
1190 Wien, Peter Jordan Straße 82
Email: mailin.gaupp-berghausen(at)boku.ac.at
Tel: +43 1 47654-5340 Boris Rewald
Institut für Waldökologie
1190 Wien, Peter Jordan Straße 82
Email: boris.rewald(at)boku.ac.at
Tel: +43 1 47654-4140 Johann G. Zaller
Institut für Zoologie
Universität für Bodenkultur Wien
1180 Wien, Gregor Mendel Straße 33
Email: johann.zaller(at)boku.ac.at
Tel: +43 1 476543205