Doppelte Genkopien sichern der Biotech-Hefe Pichia pastoris das Überleben in Umgebungen, wo nur Methanol als Nahrung vorhanden ist. Der nun von ForscherInnen der Universität für Bodenkultur Wien (BOKU) aufgeklärte Stoffwechsel ähnelt jenem, den Pflanzen für das Verwerten von Kohlendioxid verwenden.

Hefe ist der am längsten von Menschen genutzte Mikroorganismus der Welt. Brot, Bier, Wein – all das gäbe es ohne Hefearten wie Saccharomyces cerevisiae (unsere Bäckerhefe) nicht. Aus der Biotechnologie ist Hefe als Zellfabrik nicht mehr wegzudenken. Wertvolle Produkte vom Enzym bis zu pharmazeutischen Wirkstoffen werden industriell mit Hefe hergestellt. Die Biotechnologie setzt vor allem auf Pichia pastoris. Wegen ihres langen und vielfältigen Einsatzes gehört Hefe zu den am besten untersuchten Organismen überhaupt. Pichia pastoris ist nebenbei ein wissenschaftlich gerne genutzter Modellorganismus zum Untersuchen von Zellstrukturen.

Die Gruppe um Brigitte Gasser und Diethard Mattanovich vom Department für Biotechnologie der BOKU und dem Austrian Centre of Industrial Biotechnology (acib) haben einen neuen Stoffwechselweg aufgeklärt, der die Hefe Pichia pastoris einzigartig macht. Dabei geht es um Methanol als „Futter“. Hefen wie Pichia pastoris sind wie nur wenige Mikroorganismen in der Lage diesen einfachen Alkohol als Nahrung zu verwerten, der zum Beispiel in der Natur im Saft von Bäumen vorkommt.

Die BOKU-ForscherInnen konnten – in Kooperation mit dem BOKU Department für Chemie und der TU Graz – zeigen, dass die Knüpfung der Kohlenstoffbindungen und die nachfolgenden chemischen Umlagerungen zu verwertbaren Molekülen einem Stoffwechselweg folgen, der der CO2 Fixierung in Pflanzen gleicht. Die Lokalisierung in spezialisierten Organellen (im Falle der Hefen in Peroxisomen) gleicht ebenso dem pflanzlichen Weg.

Auch die genetische Codierung dieses Stoffwechsels war in wichtigen Teilen unklar. Wie die BOKU-ForscherInnen nun aufgeklärt haben, sind alle Gene für den Methanol-Umsatz doppelt vorhanden und verfügen über eine genetische Zusatzinformation, damit die entsprechenden Reaktionen im Peroxisom ablaufen und erst aktiv werden, wenn Methanol als Nahrungsquelle vorhanden ist.

Über acib
Das Austrian Centre of Industrial Biotechnology (acib) ist ein internationales Forschungszentrum für industrielle Biotechnologie mit Standorten in Wien, Graz, Innsbruck, Tulln, Hamburg und Bielefeld (D), Pavia (I), Barcelona (E) und Reczow (CZ). Das acib versteht sich als wissenschaftlich-industrielles Netzwerk von 130+ Partnern, darunter BASF, Biomin, Biocrates, Boehringer Ingelheim RCV, DSM, Evonik, Jungbunzlauer, Lonza, Sandoz, VTU Technology oder 3M.

Beim acib forschen und arbeiten 200+ Beschäftigte an mehr als 70 Forschungsprojekten, bei denen es darum geht, herkömmliche industrielle Prozesse und Produkte durch umweltfreundlichere und wirtschaftlichere Zugänge zu ersetzen.

Eigentümer sind die Universität für Bodenkultur Wien, die TU Graz, die Universitäten Innsbruck und Graz sowie Joanneum Research. Öffentliche Fördermittel bekommt das acib von der Forschungsförderungsgesellschaft der Republik Österreich (FFG), der Standortagentur Tirol, der Steirischen Wirtschaftsförderung (SFG), dem Land Niederösterreich und der Wirtschaftsagentur der Stadt Wien.

www.acib.at

Dr. Brigitte Gasser, BOKU/acib, 01 47654 6813, brigitte.gasser(at)boku.ac.at
Prof. Diethard Mattanovich, BOKU/acib, 01 47654 6569, diethard.mattanovich(at)boku.ac.at
DI Thomas Stanzer MA, public relations/acib GmbH, 0316 873 9312, thomas.stanzer@acib.at