Die Abbildung der gesamten Lebensmittelversorgungskette von der Primärproduktion, der Verarbeitung, der Logistik und des regionalen und internationalen Handels bis hin zu den Konsument*innen und der Lebensmittelentsorgung in Forschung und Lehre ist ein Alleinstellungsmerkmal der BOKU. Die naturwissenschaftlich-technische Expertise der Agrarwissenschaften, der Lebensmittelwissenschaften und der Lebensmitteltechnologie, gemeinsam mit der Expertise in den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften in diesem Bereich und der Abfallwirtschaft, ist in dieser Konstellation einzigartig in Österreich.

Im Bereich Nutzpflanzenwissenschaften werden jene biologischen Grundlagen erforscht, deren Verständnis für die Weiterentwicklung der landwirtschaftlichen Primärproduktion im Kontext der ökonomischen, sozialen und ökologischen Veränderungen und Herausforderungen wie Klimawandel, Wasserknappheit, Extremereignisse, Bodendegradation und Biodiversitätsverlust sowie Ernährungssicherung von Bedeutung sind. Dazu zählen Molekularbiologie und Physiologie von Modell- und Nutzpflanzen, Rhizosphärenforschung, (molekulare) Pflanze-Pathogen-Interaktionen, Stressforschung (biotisch und abiotisch), Resistenzforschung sowie Präzisionszüchtung inkl. Genomeditierung, Agrometabolomics, Agrobiodiversität, Agrarmeteorologie sowie landeskulturelle Wasserwirtschaft und Agrarhydrologie.

Vorrangige Themen bei den Nutztierwissenschaften sind genomische Selektion von Nutztieren, Futtermittelproduktion und -technologien sowie Beurteilung von Tierwohl und Tiergesundheit. Leitende Themen zur systemorientierten Ökologischen Landwirtschaft sind die nachhaltige Entwicklung von Boden-Pflanzensystemen, der gesellschaftliche Diskurs zur Transformation des Agrar- und Ernährungssystems sowie die Bedeutung von lokalem Wissen für die Erhaltung der Artenvielfalt (Ethnobotanik). Eine Professur in Entwicklungsforschung mit den Schwerpunkten Analyse sozio-ökologischer Systeme im Globalen Süden, Ernährungssicherheit und Lernen für Nachhaltigkeit wird 2021 etabliert und für die internationale partizipative Vernetzung von erheblicher Bedeutung werden. Weitere Forschungsschwerpunkte mit systemarem Ansatz umfassen die nachhaltige Aquakultur, die Nachhaltigkeitsbewertung agrarischer Produktionssysteme bzw. die Reststoffverwertung.

Vorhaben im Bereich Digitalisierung befassen sich mit dem Einsatz von Informationstechnologien, sensorbasiertem Monitoring (z.B. automatisierte Phänotypisierung) und RemoteSensing (Fernerkundung und Geoinformation für klein- bis großskalige landwirtschaftliche Systeme) in der agrarwissenschaftlichen Forschung, insbesondere in der Landtechnik (Agrarsystemtechnik, Robotik).

Zentrale Themen der Lebensmittelwissenschaften sind Lebensmittelauthentizität, Lebensmittelsicherheit und -hygiene sowie Lebensmittelverarbeitung, -qualität und -akzeptanz. Grundlagenforschung und die Entwicklung moderner Analytik erfolgen insbesondere in den Bereichen Lebensmittelphysik, -chemie und -mikrobiologie, wobei die Hochleistungsanalytik zum Nachweis der Lebensmittelauthentizität, Mykotoxinen, Stoffwechselmetaboliten und Lebensmittelallergenen eingesetzt wird. Zudem wird die Wechselwirkung zwischen Lebensmittel und menschlichem oder tierischem Organismus untersucht (Mikrobiomforschung, Lebensmittelunverträglichkeiten, Antibiotikaresistenzen).

Die Lebensmitteltechnologie an der BOKU ist auf Verarbeitung und Haltbarmachung von Lebensmitteln, zielgruppenorientierte Lebensmittelproduktion und Valorisierung von Nebenströmen aus der Lebensmittelproduktion inkl. Lebensmittelabfallvermeidung fokussiert. Besondere Bedeutung nehmen dabei u.a. Aspekte der Verfahrenstechnik und nachhaltiger Prozesstechnologien ein. Im Bereich Sensorik und Konsumentenwissenschaften werden observationale, psychophysikalische und implizite Testmethoden entwickelt, um Lebensmittelakzeptanz und Konsumentenverhalten besser verstehen und vorhersagen zu können.

Im wirtschafts- und sozialwissenschaftlichen Bereich geht es um die Erforschung der Auswirkungen von rechtlichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen auf die landwirtschaftliche Primärproduktion und den Lebensmittelsektor insgesamt, um die Analyse des Entscheidungsverhaltens von Produzent*innen und Konsument*innen sowie von betriebswirtschaftlichen und volkswirtschaftlichen Leistungsprozessen in der Landwirtschaft. Themenfelder sind die europäische Agrarpolitik, Agrarmärkte und Agrarhandel, Agrarproduktion und Agrarumwelt, Betriebsstrategien und Hofnachfolge, die ökonomische und ökologische Effizienz alternativer landwirtschaftlicher Bewirtschaftungsformen, das Landnutzungsverhalten, die gesellschaftliche Bewertung von Agrarumweltgütern, die Optimierung von Bewässerung, die Vermeidungs- und Anpassungsstrategien im Kontext des Klimawandel sowie Ressourcenknappheit.

Weiters werden das Konsumverhalten bezüglich Lebensmittel mit spezifischen Attributen (z.B. regional, lokal, biologisch), die Wahrnehmung von Märkten und Lebensmittelkennzeichnungen (z.B. Bio, Gentechnikfrei, Herkunftsangaben) durch die Konsumenten sowie die Innovation in und Organisation der gesamten Wertschöpfungskette für Lebensmittel erforscht.

Die Quervernetzung der in diesem Kompetenzfeld forschenden Departments erfolgt durch die Doktoratsschulen (i) AgriGenomics, (ii) Transition to Sustainability (T2S) und (iii) Biomolecular Technology of Proteins (BioToP), die Zentren für Agrarwissenschaften und Bioökonomie sowie durch den Cluster for Development Research (CDR) und die Initiative Consumer Sciences. Eine Doktoratsschule Smart Farming & Forestry ist in Planung.

Forschungsprojekte in diesem Kompetenzfeld werden sowohl von nationalen als auch europäischen Fördergebern unterstützt. Das COMET-K1 Kompetenzzentrum FFoQSI forscht unter maßgeblicher Beteiligung der BOKU im Bereich der gesamten pflanzlichen und tierischen Wertschöpfungskette, das Kompetenzzentrum D4Dairy entlang der Wertschöpfungskette der Milcherzeugung. Laufende und geplante Großprojekte umfassen Christian Doppler-Labore und Horizon 2020-Projekte (z.B. ERC, EIP-Agro). Weitere wichtige Fördergeber sind FWF, WWTF, FFG (ERA-NET u.a.), öffentliche Körperschaften und die Industrie. Ein geplantes FWF Großprojekt ist die SFB-Einreichung zum Thema Molekulare Pflanzenbiologie zum Kampf gegen Multiple Stressfaktoren. In Horizon Europe werden bevorzugt in der Säule 2 im Cluster 6 (Food, Bioeconomy, Natural Resources, Agriculture and Environment) Einreichungen erfolgen.