Die Bodenkultur - Journal for Land Management, Food and Environment

H. K. Wytrzens und Ch. Mayer:

Mehrfachnutzung des alpinen Grünlandes in Österreich und deren Implikationen für die Agrarpolitik

Zusammenfassung

Grünland hat zusehends außeragrarischen Ansprüchen zu genügen. Zur Erfassung der Multifunktionalität des Grünlandes wird ein Scoringmodell entwickelt. Es berücksichtigt Beanspruchungen durch die Wasser-, Freitzeit- und Tourismuswirtschaft, durch Umwelt- und Naturschutz sowie durch Abfallwirtschaft und Jagd. Das Meßkonzept, das die Intensität der auf einzelnen Grünlandparzellen geübten Nutzungen widerspiegeln soll, stützt sich auf einen komplexen Variablensatz. Er umfaßt Bewirtschaftungsmaßnahmen, die Häufigkeit von Sekundärnutzungen (Sport, Biomasserecycling etc.), das Vorkommen seltener Tier- und Pflanzenarten sowie Natur- und Wasserschutzauflagen. Empirisch angewendet wurde das Modell bei 377 Grünlandparzellen im Mittleren Ennstal (Steiermark). Als Basis dienten Daten einer im Herbst 1997 durchgeführten Befragung von 125 Landwirten. Ihnen zufolge standen ästhetische und jagdliche Nutzungen im Vordergrund. Ferner war Grünland häufig von Wanderern und Skifahrern beansprucht. Zudem erwies sich bei bestimmten Nutzungen (Umwelt- und Naturschutz, ästhetische), daß sie an eine geringe agrarische Bewirtschaftungsintensität gekoppelt waren. Die Erfassung der Multifunktionalität des Grünlandes empfiehlt sich als Schlüssel zur Zumessung von Direktzahlungen. Die verortete Registrierung außeragrarischer Grünlandnutzungen könnte somit als wertvolles Instrument im Dienste einer zukunftsweisenden Agrarpolitik fungieren und für eine faire Verteilung und argumentative Absicherung der Honorierung "überwirtschaftlicher" Leistungen der Landwirtschaft sorgen. Schlagworte:  Multifunktionalität, Grünlandnutzung, Agrarpolitik.