Künstlerisch-grafische Darstellung einer Hand, die mit dem Zeigefinger das Wort "Vielfalt" auf Papier zeichnet. Die Hand ist in geometrische Abschnitte geteilt und in jedem Bereich unterschiedlich gestaltet.

Künstlerisch-grafische Darstellung einer Hand, die mit dem Zeigefinger das Wort "Vielfalt" auf Papier zeichnet. Die Hand ist in geometrische Abschnitte geteilt und in jedem Bereich unterschiedlich gestaltet. Künstlerin: Annanym

Alte Barrieren, Neue Möglichkeiten

Die virtuelle Tagung des Netzwerks Diversität österreichischer Hochschulen widmete sich am 10. November 2021 dem Thema Inklusion und Behinderung an Hochschulen. Die gelungene Veranstaltung, organisiert durch die Koordinationsstelle für Gleichstellung, Diversität und Behinderung der BOKU Wien, schuf einen virtuellen Raum für aktuelle Diskurse rund um die Themen Inklusion, Diversität und Partizipation. Im Mittelpunkt stand dabei die Frage, ob durch die Behindertenrechtskonvention (2008) ein Prozess der perspektivischen Verbesserung einer gleichberechtigten Teilhabe und Chancengleichheit für Menschen mit Behinderungen erreicht werden konnte. In drei Impulsvorträgen zu den Themen Menschen mit Behinderung im Studium, Personalaufnahme und Umgang mit psychischen Beeinträchtigungen wurde dazu ausgetauscht und nach Lösungen und Good-Practice-Beispielen gesucht.

Studieren mit psychischen Beeinträchtigungen und Behinderungen

Seit Beginn der COVID-19 Pandemie hat die Zahl an Studierenden mit psychischen Beeinträchtigungen stark zugenommen. Weltweit entspricht das einem Anteil von 31% Studierenden, die mit Depressionen, Suizidgedanken, Ängsten, Schlafstörungen u.a. leben.

Die Gruppe der Studierenden mit Behinderung, chronischer Erkrankung oder gesundheitlichen Beeinträchtigungen macht in Österreich einen Anteil von 12,2 % aus. Die weitaus größte Gruppe bilden hier Studierende mit psychischen Beeinträchtigungen. Den kleinsten Anteil in dieser Gruppe (0,9 %) stellen Personen mit einem festgestellten Behinderungsgrad dar. In diesem Zusammenhang muss auch die Förderstruktur genauer betrachtet werden, denn Unterstützung und Hilfsleistungen (z.B. persönliche Assistenz) ist an den festgestellten Grad der Behinderung gekoppelt.  

An den Hochschulen ist noch viel zu tun

Obwohl bereits 2008 die UN-Behindertenrechtskonvention ratifiziert wurde, erfüllt bis heute noch keine einzige Universität, Fachhochschule oder Pädagogische Hochschule in Österreich die Beschäftigungspflicht, die im Behindertengleichstellungsgesetz geregelt ist. Diese Tatsache verdeutlicht die Notwendigkeit, entsprechende Maßnahmen für eine aktiv gestaltete Inklusion an Hochschulen zu setzen.

Eine gelungene Inklusion an der Universität setzt einen strategischen Top-down-Prozess voraus, der von dem Willen getragen ist, Barrieren ab- und eine inklusive Lehre aufzubauen sowie eine zielgerichtete inklusive Einstellungspraxis zu realisieren. Dabei ist die Bereitstellung von Ressourcen ebenso relevant wie die Informationsweitergabe und Sensibilisierung aller Universitätsangehörigen, insbesondere der Führungskräfte und Entscheidungsträger*innen für Personalfragen.

Universitäten, Fachhochschulen und Pädagogischen Hochschulen können in verschiedenen Bereichen aktiv werden*

  • Informationen für Service- und Unterstützungsangebote zur Verfügung stellen und dafür Sichtbarkeit schaffen

  • Bereitstellung entsprechender personeller und finanzieller Ressourcen, um die benötigte Unterstützung für Studierende, Lehrende und Mitarbeitende gewährleisten zu können

  • Entsprechendes Schulungsangebot für und Sensibilisierung von Führungskräften und leitendem Personal

  • Einstellung/Personal: explizite Bewerbung, barrierefreie und individuell angepasste Aufnahmeverfahren

  • Zugangsmöglichkeiten schaffen & Qualifikationsanforderungen berücksichtigen, Bsp. Leistungsäquivalente anerkennen, Angebot an Teilzeitstudien, Lebenslanges Lernen. Es besteht ein grobes Missverhältnis zwischen den Qualifikationsanforderungen und den Bildungsmöglichkeiten und -chancen für Menschen mit Behinderungen (Stichwort Sonderschulen, duales Bildungssystem).

Studierende können unterstützt werden, wenn*

  • eine flexible Studienorganisation ermöglicht wird (Online- und Hybridmodi)

  • das bestehende Beratungs- und Unterstützungsangebot weiter ausgebaut und über entsprechende Anlaufstellen ausreichend informiert wird

  • benötigte Hilfsmittel und barrierearme Lehr- und Lernunterlagen (Dokumente, Folien, Webzugänglichkeit etc.) bereitgestellt werden

  • keine unerwünschten Outings erzeugt werden

* Die genannten Punkte in den Aufzählungen sind den Diskussionen der Tagung entnommen. Sie ergeben keine vollständige Liste und können beliebig erweitert werden.

Weiterführende Links
Folgende Linksammlung wurde während der Tagung zusammengetragen.

Severin Neira ist seit nunmehr 17 Jahren an der Universität für Bodenkultur Wien als gelernter Fachhelfer für Biologischen Gemüsebau beschäftigt. Am Standort Tulln wurde für Severin Neira ein inklusiver Arbeitsplatz eingerichtet, wo er bei der Ausübung seiner vielfältigen Betätigungen von zwei großartigen Teams mit hoher Sensibilität und Empathie begleitet und unterstützt wird. Um ihn bestmöglich und immer abgestimmt nach seinen individuellen Fähigkeiten und Bedürfnissen zu fördern, schafft das Team rund um Severin Neira ein abwechslungsreiches Arbeitsumfeld. So wurde ein eigenes „Kürbisprojekt“ initiiert, bei dem Severin Neira unterschiedliche Kürbissorten züchtet, aus denen dann Musikinstrumente hergestellt werden. Auch die Kürbisse für die Puppen dieses Theaterstücks stammen aus diesem Kürbisprojekt.