Lage

Planung und Duftkonzept: Marie-Louise Oschatz, 2005 Der Duftgarten liegt im Botanischen Garten der Universität für Bodenkultur im 18. Bezirk auf der Türkenschanze in Wien. Die Seehöhe beträgt etwa 210 m. Geografisch betrachtet zählt das Gebiet zu den pannonischen Flach- und Hügelländern (Borsdorf, 2005) und weist kontinental-pannonisches Klima auf. Der ca. 100m² große Duftgarten befindet sich nördlich des Gutenberghauses und weist großteils, entsprechend seiner Lage hinter dem Gebäude, halbschattige Lichtverhältnisse auf. Der Boden ist durch einen hohen Lehmanteil charakterisiert. Der Duftgarten ist eine Versuchsfläche. Daher werden jedes Jahr neue Arten und Sorten gepflanzt, und die gärtnerischen und olfaktorischen Ergebnisse führen zu einer ständigen Weiterentwicklung des Pflanzplans. Der Duftgarten wurde 2005 von Marie-Louise Oschatz geplant und auch die jährlichen Pflanzpläne werden seitdem von ihr erstellt. Für die gärtnerische Umsetzung und Pflege ist Gerhard Wagner und sein Team verantwortlich. Plan und Artenliste 

Arten und Sorten des Duftgartens

Im Duftgarten der Universität für Bodenkultur wachsen ausschließlich blütenduftende Pflanzen. Der Großteil davon gehört zu den tagduftenden Pflanzen, doch gibt es auch einige nachtduftende Arten. Auf Grund der relativ kleinen Fläche wurden in erster Linie Stauden, Annuelle und Zwiebelpflanzen gesetzt und nur wenige blütenduftende Gehölze gepflanzt. Seit dem Frühjahr 2005 wurden in etwa 100 Arten und Sorten im Duftgarten kultiviert.

Blütenduftfamilien

Blütendüfte entstehen durch das Zusammenspiel einer Vielzahl chemischer Verbindungen (Ätherische Öle), und jede Pflanze hat ihren eigenen, ganz besonderen Blütenduft. Dennoch weisen etliche Blütendüfte deutliche Ähnlichkeiten untereinander auf. Das liegt daran, dass in all diesen Duftverwandten dieselben dominanten Duftbestandteile vorkommen und maßgeblich den Dufteindruck bestimmen. Den Nebenbestandteilen der Blütenduftkomposition kommt aber die wichtige Rolle zu, den Duft einer Pflanze unverwechselbar zu machen, indem sie den Duft der Hauptkomponenten in ein jeweils anderes Duftumfeld setzen. Die Reflexion über die Verwandtschaften zwischen den Blütendüften führt zu der Überlegung, dass es sinnvoll erscheint, ähnliche Düfte zu einer Blütenduftfamilie zusammenzufassen, ohne sich dabei allerdings auf die chemische Zusammensetzung der Düfte zu beziehen. Auch spiegelt der Begriff Blütenduftfamilie keine Verwandtschaft im Sinne der Pflanzensystematik wieder. In einer Blütenduftfamilie befinden sich oft Arten mehrer, ganz unterschiedlicher Pflanzenfamilien: so gehören beispielsweise einige Arten der Caryophyllaceae, der Polemoniaceae und der Brassicaceae zur Blütenduftfamilie „Nelken-Gewürztöne“. Auf der anderen Seite gehören einzelne Arten einer Pflanzenfamilie oft zu ganz unterschiedlichen Blütenduftfamilien. Besonders vielseitig sind z.B. die Düfte der Brassicaceae, bei denen manche Arten, wie erwähnt, zur Blütenduftfamilie „Nelken-Gewürztöne“ gehören, andere Arten aber zu den „Veilchendüften“ oder zu den „Hyazinthendüften“ gezählt werden.

Klassifikation von Blütendüften

Etliche Klassifikationen von Blütendüften wurden in den letzten 200 Jahren aufgestellt. Doch da die Geruchswahrnehmung hochgradig subjektiv ist, konnte sich bis heute keine als allgemein gültige und verbindliche Klassifikation durchsetzen. Die Klassifikation nach Blütenduftfamilien wurde 2009 von Marie-Louise Oschatz entwickelt. Dieses System für die Gruppierung von Blütendüften basiert sowohl auf der Klassifikation von Bernd Dittrich (1988), der 10 Blütenduftgruppen unterscheidet, als auch auf jener von Helga Urban (1999), die 9 Duftcharaktere beschreibt. Eine neue Klassifikation wurde deswegen entwickelt, da die genannten Klassifikationen erstens nur wenige Duftklassen unterscheiden und somit vielfach deutlich unterschiedliche Düfte in einer Klasse zusammenfassen und zweitens die Übergänge zwischen den Gruppen unberücksichtigt lassen. Die Klassifikation nach Blütenduftfamilien bezeichnet also erstmals 16 unterschiedliche Blütenduftgruppen als Blütenduftfamilien und erweitert daher das Spektrum der oben angeführten Klassifikationen um etliche neue Klassen. Weiters stellt diese Klassifikation die verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen den Blütenduftfamilien dar, indem sowohl Untergruppen als auch Übergänge zwischen manchen Blütenduftfamilien angesprochen werden (weitere Ausführungen: Oschatz, M.-L. & Bernhardt, K.-G. in: Sensorisches Labor Wien, Lit-Verlag, 2011).

Das Konzept

Der Pflanzplan basiert auf einem Duftkonzept, dass zunächst duftverwandte Arten nebeneinander setzt, und dann die räumliche Verteilung der unterschiedlichen Blütenduftfamilien so aufeinander abstimmt, dass harmonische Mischungen entstehen. Durch das räumliche Nebeneinander von Duftverwandten entsteht bei gleicher Blütezeit durch die Mischung der nah verwandten Düfte ein besonders reichhaltiger Duft-Ton, der in sich fein schattiert und abgestuft ist, so z.B. der volle Veilchenduft, wenn sich die Düfte von Cheiranthus cheiri und Reseda odorata, oder später von Reseda odorata mit jenen von Centaurea imperialis mischen. Andererseits ermöglicht die räumliche Nachbarschaft von Duftverwandten, dass eine Duftrichtung durch das nacheinander der Blühperioden von einer Art zur nächsten weitergereicht und damit die Duftpalette im Garten um diese Duftrichtung über einen längeren Zeitraum bereichert wird. So verströmt zuerst im Juli Lilium regale einen schweren-würzigen Blütenduft und anschließend im August Acidanthera bicolor. Das räumliche Nebeneinander unterschiedlicher Blütenduftfamilien bietet darüber hinaus eine Vielzahl an Kombinationsmöglichkeiten. Besonders ausgewogene und nuancenreiche Mischungen werden beispielsweise von Blütenduftfamilien erzeugt, bei denen einige Duftkomponenten miteinander in Resonanz treten und einen gemeinsamen Grundton erzeugen. Damaszener Rosen mit Duftwicken und Knollen-Platterbse entwickeln eine solche Mischung. Eine andere Variante stellen Duftmischungen dar, in denen die unterschiedlichen Duftkomponenten so zusammenspielen, dass ein gemeinsamer Akkord entsteht. Die süße Blütenschärfe von Maiglöckchen mit der Pfeffernote des Wald-Phloxes und der Vanille-Ton der Jonquilla-Narzissen und des Echten Geißblatts bilden einen solchen Zusammenklang, über dem sich dann die anderen Duftkomponenten dieser Arten aufbauen.

Ziele des Duftgartens

Der Duftgarten ist eine Versuchsfläche. Die Kultivierung der Pflanzen geht dabei zwei Fragen nach: Welche Arten blütenduftender Pflanzen gibt es, die für die Anlage eines Duftgartens im pannonisch-kontinentalen Klima Wiens geeignet sind, und welche und wieviele Blütenduftfamilien können durch diese Arten definiert werden? Mit der Beantwortung dieser Fragen werden der Gartengestalterin und dem Gartengestalter botanische und gestalterische Grundlagen vermittelt, die die Planung von Duftgärten im privaten sowie im öffentlichen Freiraum ermöglichen. Diese Grundlagen sind hierarchisch aufgebaut: Die Liste „Empfohlene Arten und Sorten“ bildet den Ausgangspunkt und soll ein breites Spektrum an blütenduftenden Arten bekannt machen. Auf einer zweiten Ebene dient die Zuordnung von Düften zu Blütenduftfamilien als Planungsinstrument für die Anlage einer Duftkomposition im Garten oder öffentlichen Freiraum. Die Fülle an Einzeldüften wird durch die Gruppierung zu Blütenduftfamilien in ein System gebracht. Die Reduktion auf wenige Gruppen vereinfacht die ersten Stadien des Entwurfsprozesses, da die Planerin und der Planer mit einem guten dutzend Blütenduftfamilien die grobe Anlage eine Duftkomposition konzipieren können. Auf der dritten Ebene wird die Zeitkomponente hinzugezogen. Ein Blühkalender ordnet die Pflanzen nach Blühzeiten und Blütenduftfamilien. Die Tabelle zeigt die Kombinationsmöglichkeiten von Düften sowohl innerhalb eines Zeitabschnitts als auch über die Dauer der Vegetationsperiode. Der Blühkalender ermöglicht somit eine Feinabstufung in der kompositorischen Anlage eines Duftgartens. Bisher wurden 80 Duftpflanzen in die Liste „Empfohlene Arten und Sorten“ aufgenommen und 16 Duftfamilien beschrieben. Text und Fotos von Marie-Louise Oschatz, 2010