An der BOKU wird aktuell untersucht, ob sich auch Tiere langweilen und wie sich eintönige, reizarme Umgebungen auf die Gemütsverfassung und Stimmung von Schweinen auswirkt. Das Projekt, in dem neue Testverfahren zur Anwendung kommen, soll einen Beitrag zum Tierschutz leisten.

Den Eindruck, dass sich auch Tiere langweilen können, kennen Haustierbesitzer*innen ebenso wie Zoobesucher*innen. Doch woher wissen wir, ob Tiere wirklich gelangweilt sind und was diese Fadesse für sie bedeutet? „Die einfache Antwort lautet: nicht viel“, sagt Sara Hintze vom Institut für Nutztierwissenschaften der Universität für Bodenkultur Wien. Nur vereinzelte wissenschaftliche Studien weisen bisher darauf hin, dass wir Menschen nicht die einzigen sind, die Langeweile empfinden. Doch ob und wie die Tiere darunter leiden, ist weitestgehend unbekannt.

Vergeht die Zeit auch für Tiere langsamer?

An der BOKU wird seit kurzem untersucht, ob sich Tiere – konkret Schweine – ebenfalls fadisieren. In dem vom FWF geförderten Forschungsprojekt „Langeweile bei Schweinen – Symptome und Auswirkungen“ geht Hintze seit November 2020 der Frage nach, wie sich die Haltungsumgebung auf Schweine auswirkt und ob die Tiere Langeweile empfinden. „Schweine werden häufig unter reizarmen und monotonen Bedingungen gehalten und eignen sich deshalb sehr gut für unsere Untersuchungen. In unserem Projekt lösen wir bei den Tieren durch Veränderungen ihrer Haltungsbedingungen Langeweile aus und vergleichen Tiere in einer reizarmen und gleichbleibenden Haltung mit Tieren, die in einer vielfältigen und abwechslungsreichen Umgebung gehalten werden“, erläutert die BOKU-Forscherin den Aufbau des dreijährigen Forschungsprojekts. „Wir untersuchen, ob Tiere aus der reizarmen und gleichbleibenden Umgebung motivierter sind, für eine Veränderung zu arbeiten, ob sie insgesamt negativer gestimmt, also schlechter gelaunt sind, und ob sie, wie gelangweilte Menschen auch, das Gefühl haben, dass die Zeit langsamer vergeht - verglichen mit Tieren aus der vielfältigen und abwechslungsreichen Umgebung.“

Stress durch Langeweile?

Dazu werden im Zuge der Forschungsarbeit drei unterschiedliche Umgebungen für die Schweine geschaffen: eine Gruppe wird in einer Umgebung ohne viele äußere Reize gehalten, eine weitere Gruppe erhält eine gleichbleibende Umweltanreicherung, zum Beispiel Stroh und Kisten mit Erde, in denen sie mit dem Rüssel wühlen können und bei der dritten Gruppe werden die Umweltanreicherungen zusätzlich regelmäßig gewechselt. Hintze: „Wir erforschen, wie sich das Verhalten der Tiere unterscheidet und ob die Schweine aus der reizarmen und gleichbleibenden Haltung mehr Stresshormone ausschütten als ihre Artgenossen im vielfältigen und abwechslungsreichen Umfeld. Außerdem interessiert es uns, ob Tiere mit bestimmten Persönlichkeitsmerkmalen anfälliger dafür sind, Langeweile zu empfinden als andere –  so wie es beim Menschen der Fall ist.“ Derzeit werden die unterschiedlichen Testverfahren entwickelt, damit die Tests später reibungslos durchgeführt werden können. „Die Motivation der Tiere ist hierbei das A & O“, erzählt Hintze, und wie bei den Menschen gebe es auch Schweine, die leicht lernen, und andere, die sich da schwerer tun. 

Beitrag zum Tierschutz

Für Hintze ist besonders wichtig, dass das Thema Langeweile im Tierreich multiperspektivisch und mit teilweise neuen Testverfahren beleuchtet wird. „Unser Projekt wird dazu beitragen, dass wir besser verstehen, wie sich chronisch gelangweilte Tiere von nicht gelangweilten Tieren unterscheiden und was Langeweile für das Wohlergehen der Tiere bedeutet. Somit wird es einen wichtigen Beitrag zum Tierschutz leisten“, betont die BOKU-Forscherin.

Kontakt:
Dr. Sara Hintze
Institut für Nutztierwissenschaften
Universität für Bodenkultur Wien
sara.hintze(at)boku.ac.at