Ein Forscher*innenteam rund um BOKU-Prof. Gerhard Karrer berichtet in einem heute erschienenen Nature Communications-Artikel über die Auswirkungen der allergenen Pflanze Ambrosia artemisiifolia auf die öffentliche Gesundheit in Europa. Ein eingeschleppter Blattkäfer, dessen Larven bevorzugt diese Ragweed-Art fressen, könnte die Patient*innenzahl und die damit verbundenen Gesundheitskosten drastisch senken. 

Invasive gebietsfremde Arten (IAS) können die Ökosystemleistungen und das Wohlbefinden des Menschen erheblich beeinträchtigen. Quantitative Bewertungen ihrer Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und damit verbundene Kosten sind jedoch selten und die Vorteile der Implementierung des IAS-Managements werden wahrscheinlich unterschätzt.

Ein Team von europäischen Wissenschafter*innen, zu denen auch Prof. Gerhard Karrer von der Universität für Bodenkultur Wien gehört, berichten im soeben in Nature Communications erschienen Artikel über die Auswirkungen der allergenen Pflanze Ambrosia artemisiifolia auf die öffentliche Gesundheit in Europa, auf die Anzahl von Patienten und die Gesundheitskosten. Im Jahr 2013 entdeckte man in der Umgebung von Mailand den wohl unabsichtlich eingeschleppten Blattkäfer Ophraella communa, dessen Larven bevorzugt die Allergiepflanze Ragweed fressen. O. communa hat in der Folge norditalienische Populationen von Ragweed massiv zerstört und so vermutlich zur Reduktion der Pollenbelastung in der Po-Ebene geführt. BOKU-Prof. Karrer und seine kroatische Kolleg*innen konnten jüngst auch die weitere Ausbreitung des Käfers in Richtung der von Ragweed sehr stark befallenen pannonischen Region im östlichen Mitteleuropa studieren.

Das Autorenteam stellte fest, dass vor der Einwanderung von O. communa in Europa rund 13,5 Millionen Menschen an Ambrosia-induzierten Allergien litten, was zu Kosten von 7,4 Milliarden Euro jährlich geführt hat (Medikation, entfallene Arbeitsstunden, Bekämpfungsaufwand). Die Prognosemodelle zeigen, dass die biologische Kontrolle von A. artemisiifolia durch diesen Blattkäfer die Zahl der Patienten um rund 2,3 Millionen und die Gesundheitskosten um 1,1 Milliarden Euro pro Jahr senken wird. Diese konservativen Berechnungen der Forscher*innen zeigen auch, dass die derzeit diskutierten wirtschaftlichen Kosten des IAS die tatsächlichen Kosten und damit auch den Nutzen der biologischen Bekämpfung unterschätzen. Es muss aber einschränkend auch festgehalten werden, dass dieser Käfer auch andere Wirtspflanzen wie z. B. Sonnenblumen vertilgen kann, was in der Landwirtschaft weniger gerne gesehen werden würde. Da die weitere Ausbreitung von O. communa aber ohne massive phytosanitäre Maßnahmen ohnedies nicht gestoppt werden kann, wäre er für die zahlreichen Ragweedpollen-Allergiker aber sicher ein Segen.

DOI: 10.1038/s41467-020-15586-1

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o. Univ.Prof. Mag. Dr. Gerhard Karrer
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