3D-printed molecular structural model of the interaction of human ACE2 with SARS-CoV-2 Spike protein, developed by the MMS at BOKU, Vienna (c) the cloning company

3D-printed molecular structural model of the interaction of human ACE2 with SARS-CoV-2 Spike protein, developed by the MMS at BOKU, Vienna (c) the cloning company

Ein interdisziplinäres Forscherteam unter Beteiligung der BOKU hat den Einfluss von Zuckerstrukturen auf das Andocken des Coronavirus an das Rezeptorprotein ACE2 berechnet und experimentell bestimmt. Dabei hat sich gezeigt, dass einige dieser Zuckerketten des Rezeptorproteins dem Virus im Weg stehen und somit sein Andocken „bremsen“, was weitreichende Bedeutung in der Bekämpfung des Coronavirus hat.

Um in menschliche Zellen eindringen zu können, dockt das SARS-CoV-2 Virus an ein bestimmtes Oberflächenprotein namens ACE2 an. In seinem natürlichen Zustand an der Zelloberfläche von Lungenzellen trägt dieses Protein normalerweise mehrere Zuckerketten, die für seine Produktion, Reifung, Stabilität und Funktion in und an der menschlichen Zelle entscheidend sind.

Im Rahmen einer vor Kurzem im Journal eLife publizierten Studie hat jetzt ein interdisziplinäres Team von österreichischen Forscher*innen unter Beteiligung der BOKU - ausgehend von molekularen 3D-Simulationen - den möglichen Einfluss dieser Zuckerstrukturen auf das Andocken des Coronavirus an das Rezeptorprotein ACE2 berechnet und experimentell bestimmt. Dabei hat sich gezeigt, dass einige dieser Zuckerketten des Rezeptorproteins dem Virus im Weg stehen, und somit sein Andocken „bremsen“.

Diese Ergebnisse der Grundlagenforschung haben weitreichende Bedeutung in der Bekämpfung des Coronavirus: Ein vom Wiener Start-up Apeiron verfolgter therapeutischer Ansatz besteht darin, künstliches, nicht zelloberflächen-gebundenes ACE2 zu verabreichen, um SARS-CoV-2 nicht an der menschlichen Zelloberfläche, sondern an sich selbst andocken zu lassen. Damit wird das Virus gleichsam abgelenkt und infiziert keine weiteren Zellen. Um diesen, für alle SARS-CoV-2 Mutationen anwendbaren, Therapieansatz also möglicherweise noch erfolgreicher zu machen, haben nun Forscher an der Universität für Bodenkultur Wien die „Zuckerbremse" an der künstlichen Variante des ACE2 (“Apeiron APN01”) gelöst und dadurch einen noch besseren, sogenannten "decoy"-Rezeptor, eine Rezeptor-Attrappe, maßgeschneidert.

Die verbesserten virus-neutralisierenden Eigenschaften dieses „zuckerfreien“ Wirkstoffs gegen das SARS-CoV-2 Virus wurden in Zusammenarbeit mit der Medizinischen Universität Graz und dem Karolinska Institut in Schweden im Rahmen von Zellkultur-Infektionsstudien in biologischen Hochsicherheitslabor überprüft.

„Proteingebundene Glykane stellen seit Jahrzehnten einen wichtigen Forschungsschwerpunkt an mehreren Departments der Universität für Bodenkultur Wien dar. Die damit verbundene ‘Zuckerl-Expertise’ vor Ort hat wesentlich zur Entwicklung und dem Erfolg dieses tollen Gemeinschaftsprojekts beigetragen”, betont Johannes Stadlmann, Projektverantwortlicher am Institut für Biochemie an der BOKU.

„Dieses Projekt hat Expert*innen aus den verschiedensten Bereichen zusammengebracht. Neben den vier BOKU-Departments (Molecular Modeling, Angewandte Genetik, Chemie und die BOKU Core-Facility Biomolecular & Cellular Analysis) war die Zusammenarbeit mit Kurt Zatloukal an der Medizinischen Universitaet Graz, Ali Mirazimi am Karolinska Institut in Schweden, Josef Penninger an der University of British Columbia, in Vancouver, und dem Wiener Start-up Apeiron Biologics extrem wichtig”, resümieren Chris Oostenbrink vom Institut für Molecular Modeling und Simulation und Lukas Mach vom Institut für Pflanzenbiotechnologie und Zellbiologie an der BOKU.

"Structure-guided glyco-engineering of ACE2 for improved potency as soluble SARS-CoV-2 decoy receptor”, eLife 2021;10:e73641 doi: 10.7554/eLife.73641

https://elifesciences.org/articles/73641


Kontakte:

Dr. Johannes Stadlmann (Projektverantwortlicher)
Universität für Bodenkultur Wien
Institut für Biochemie
Email: johannes.stadlmann(at)boku.ac.at

Univ.Prof. Dr. Chris Oostenbrink
Universität für Bodenkultur
Institut für Molecular Modeling und Simulation
Email: chris.oostenbrink(at)boku.ac.at

Univ.Prof. DI Dr. Lukas Mach
Universität für Bodenkultur Wien
Institut für Pflanzenbiotechnologie und Zellbiologie
Email: lukas.mach(at)boku.ac.at