Die zunehmende Technisierung unserer Lebenswelt erfordert eine eingehende Analyse technikbedingter Risiken. Am Institut für Sicherheits- und Risikowissenschaften (ISR) werden Aspekte der Folgen von Technologien und technowissenschaftlichen Projekten – unter besonderer Beachtung von Risiko- und Sicherheitsaspekten – bearbeitet. Technologien mit potentiell größeren gesellschaftlichen oder globalen Auswirkungen, wie im Falle der Nukleartechnologie, werden vorrangig behandelt. Im Fokus ist dabei die Analyse gegenwärtigen Technikeinsatzes, laufender Entwicklungsarbeiten, wissenschaftlich-technischer Potentiale sowie Möglichkeiten einer verantwortbaren und nachhaltigen Technikgestaltung. Hierzu verfolgt das Institut einen problemorientiert interdisziplinären Ansatz.

Prospektive Technikfolgenabschätzung

Das Konzept der Prospektiven Technikfolgenabschätzung (ProTA), das am Institut in Kooperation mit weiteren Partnern verfolgt wird, geht – kurz gefasst – von folgenden grundlegenden Diagnosen aus:

  1. Wie befinden uns im Zeitalter einer techno-wissenschaftlichen Dynamik mit einer verstärkten Anwendungsorientierung bereits in der Forschung, was neue Herausforderungen für den gesellschaftlichen Umgang mit Wissenschaft und Technik generiert.
  2. Die wachsenden Widersprüche und Ambivalenzen des wissenschaftlich-technischen Fortschritts machen es erforderlich, Wege zu finden, wie damit verantwortlich umgegangen werden kann.
  3. Es ist eine zunehmende Governance-Orientierung schon im Forschungsprozess im Zusammenspiel inner- und außerwissenschaftlicher Akteure zu beobachten jenseits der alten Dichotomie aus wissenschaftlichem Eigensinn einerseits und politischen Steuerungsvorstellungen andererseits.
  4. Eine Zielbestimmung des wissenschaftlich-technischen Fortschritts lässt sich nicht mehr anhand rein innerwissenschaftlicher Kriterien vornehmen.

Aus diesen Diagnosen folgt die Notwendigkeit für frühzeitige Analysen und Bewertungen in der Phase der Forschung selbst – bevor neue technische Artefakte entstanden sind. Das Erkennen und Reflektieren von Intentionen oder Visionen der Forschung selbst sowie ihrer Nutzungspotentiale für gesellschaftliche Problemstellungen muss bereits in der Frühphase erfolgen. Dazu gehört zentral die Analyse von verschiedenen Entwicklungspfaden und sozio-technischen Alternativen unter Einschluss von angestrebten Wirkungen, unerwünschten Folgen, Risiken und Unsicherheiten, um mitzuhelfen, eine rechtzeitige und vernünftige technische und gesellschaftliche Gestaltung vorzubereiten. Unverzichtbar ist dabei, dass der wissenschaftlich-technische Kern betrachteter Entwicklungsdynamiken und der Typus neuer technologischer Möglichkeiten im Spannungsfeld von Natur und Kultur im Fokus der Untersuchungen stehen. Dazu gehört, dass Einschätzungen, Motive und Interessen der Beteiligten innerhalb und außerhalb der Forschung mit bedacht werden. Normative Aspekte können durch Gestaltungskriterien in den Blick genommen werden, die eine Positivorientierung für die Fortschrittsdynamik transparent und diskursfähig machen. Durch eine prospektive und antizipative Analyse von Technologiedynamik und -folgen unter besonderer Berücksichtigung von Risiken und Sicherheitsherausforderungen sollte eine Gestaltung der Technikentwicklung in einem breit zu führenden Diskurs möglich werden. Dazu will ProTA einen wichtigen Beitrag leisten.

Das ProTA-Konzept soll weiter ausgebaut und zunehmend auf passende Technologiefelder, die das Institut bearbeitet, angewandt werden.